Besuch von Walter und Jeanne Reed aus den USA

Im Juni 2002 besuchte uns das Ehepaar Reed aus Chicago in unserer Schule. Herr Walter Reed hatte schon letztes Jahr mit uns Kontakt aufgenommen, nachdem er die Geschichte seiner Verwandten aus Gunzenhausen auf unserer Internetseite entdeckt hatte.

Von ihm erfuhren wir viel über das weitere Schicksal der Familien Rosenau, Eisen und v. a. der Familie Rindsberg aus der Hensoltstraße 7. Diese drei jüdischen Familien aus Gunzenhausen hatten sich seiner angenommen, nachdem es ihnen gelungen war, ihn als Jugendlichen aus einem französischen Kinderflüchtlingslager in die USA zu holen. In unserer Klasse erzählte Herr Reed die bewegende Geschichte seines Lebens.

Das Schicksal von Walter Reed

In Mainstockheim in Unterfranken mit zwei Geschwistern aufgewachsen, schickte die Familie den 15-jährigen Werner Rindsberg, wie er damals noch hieß, mit einem Kindertransport nach Belgien, um ihn in Sicherheit zu bringen. Dort kam er in ein Kinderheim zusammen mit anderen jüdischen Kindern. Als die Deutschen in Belgien einmarschierten, wurde es dort zu gefährlich und die Kinder wurden in ein ländliches Flüchtlingslager nach Südfrankreich gebracht. Dort mussten sie unter primitivsten Bedingungen leben. Glücklicherweise bemühten sich die emigrierten Verwandten aus den USA darum, den Jungen zu sich zu holen.

Dort konnte er bei den Geschwistern seines Onkels Adolf Rindsberg leben, der von Uehlfeld nach Gunzenhausen geheiratet hatte und von dort mit seiner Frau Ilse in die USA emigriert war. Im Jahre 1943 wurde er amerikanischer Soldat und war bei den alliierten Feldzügen in Frankreich und Deutschland 1944 bis 45 beteiligt. Leider konnte Walter Reed nach dem Krieg seine Eltern und Geschwister nicht mehr finden. Sie waren deportiert worden und sind alle in östlichen Ermordungslagern ums Leben gekommen. Aufgrund dieses furchtbaren Verlustes und der eigenen bedrückenden Erlebnisse beschloss Werner Rindsberg seinen Namen zu ändern und sich von der jüdischen Religion abzuwenden. Niemals mehr wollte er Diskriminierung erleiden müssen. Seither heißt er Walter Werner Reed.

Bewundernswert ist dabei, dass er häufig nach Deutschland reist und gute persönliche Kontakte zu Deutschen pflegt.

Es ist ihm ein wichtiges Anliegen, zur Versöhnung beizutragen. Ein geplantes Heimatmuseum in der zerstörten Synagoge in dem Ort seiner Vorfahren in Uehlfeld will er gerne finanziell unterstützen. Als ‚Global Player’ ist er in aller Welt unterwegs und schließt daher die Deutschen in sein Verständnis von Menschlichkeit und menschlichem Miteinander mit ein. Wir waren sehr beeindruckt von diesem Mann und seiner amerikanischen Frau Jeanne, die uns beide ein Zeichen von humanitärer Gesinnung vermittelt haben.

Im Frühjahr 2003 erhielten wir einen interessanten Brief von Herrn Reed. Darin berichtet er von seinem Besuch bei Betty Rosenbaum aus der Burgstallstraße 4, die in einem Seniorenheim in Florida lebt.

"Heute will ich noch berichten, dass ich mit meiner Frau während einer Floridareise bei Frau Betty Eisen/Rosenbaum im Februar Besuch gemacht habe und die hat sich natürlich sehr gefreut...Für ihr Alter ist sie noch sehr munter."

Mit diesem Brief sandte er uns eine alte Fotografie von den Großeltern Frau Rosenbaums, Heymann und Jetta Eisen, geb. Schön. Es ist unter der Familiengeschichte Eisen zu finden.