Familie Joseph Seller
Joseph Seller wurde am 08.09.1852 als Sohn von Nathan Seller und dessen Frau Ella, geb. Wollner, in Altenmuhr geboren. 1878 meldete er in Gunzenhausen einen Vieh-und Güterhandel an, den er später mit Hopfenhandel erweiterte. Erst am 27.05.1887 erhielt er jedoch das Bürgerrecht in Gunzenhausen. Kurz danach, am 03.07.1887, heiratete er in zweiter Ehe Martha Herzog, geboren am 16.03.1866 in Roth. Das Ehepaar wohnte im Haus Bahnhofstraße 33, dort wurden auch die acht Kinder geboren.
Nathan *25.03.1888 in Gunzenhausen, +12.08.1891 in Gunzenhausen
Elsa *26.03.1889 in Gunzenhausen, + 13.08.1937 in Gunzenhausen
Max *25.11.1890 in Gunzenhausen, + gefallen 24.06.1915 in Belgien
Emma *22.01.1892 in Gunzenhausen, + 04.04.1932 in Gunzenhausen
Oskar *13.08.1893 in Gunzenhausen, + 26.07.1918 Lazarett Wevelghem
Friedrich * 04.12.1894 in Gunzenhausen, + 03.11.1903 in Gunzenhausen
Wilhelm *19.06.1896 in Gunzenhausen, + 03.11.1896 in Gunzenhausen
Ludwig *15.11.1898 in Gunzenhausen, + gefallen 08.08.1917 in Frankreich
Der Vater Joseph starb am 17. Juli 1907. Die Söhne sorgten nun für den Unterhalt der Mutter und der beiden Schwestern. Doch 1914, gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges, wurden Max und Oskar als Soldaten eingezogen.
Als Leutnant im 7. Infanterie-Regiment war Max Inhaber des Eisernen Kreuzes 2. Klasse und vorgeschlagen für das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Doch schon am 24. Juni 1915 fiel er in Belgien. Sein Bruder Oskar starb 1918 im Lazarett an seinen Verletzungen. Der jüngste Bruder Ludwig, der in der Gunzenhäuser Firma Faulstich eine kaufmännische Ausbildung absolviert hatte, wurde gegen Kriegsende auch noch als Sodat eingezogen und fiel 1917 mit 18 Jahren in Frankreich.
Quelle: Personendokumentation der jüdischen Einwohner von Gunzenhausen, erstellt von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer
Robin Schäfer und Mike Edwards, zwei Historiker, erforschten die Geschichte von Leutnant Max Seller und seinen beiden Brüdern. Sie setzen sich dafür ein, dass auf dem Grabstein von Max der Davidstern nachträglich eingraviert wird.
Auf dieser Seite ist der u.a. Artikel darüber veröffentlicht.
Ehrung eines Feindes. Kampagne um die Gravur im Grabstein eines im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten zu ändern
Von Daniel Eastermann, 13. Juni 2014
Zwei Historiker setzen sich dafür ein, dass auf dem Grabstein eines im ersten Weltkrieg für Deutschland gefallenen jüdischen Soldaten der Davidstern eingraviert wird. Der Leutnant Max Seller kam ums Leben als er einen Angriff auf einen britischen Schützengraben in der Nähe der belgischen Stadt Ypern anführte.
Der britische Unteroffizier Victor Rathbone, ebenfalls Jude, ordnete an, dass er mit jüdischen Zeremoniell begraben wird. Aber auf seinem Grabstein im Hyde Park Corner, einem britischen Soldatenfriedhof in Nordfrankreich, ist kein Hinweis auf seinen jüdischen Glauben angebracht worden.
Mike Edwards, ein früherer Ingenieur der Royal Air Force und der deutsche Historiker Robin Schäfer wanden sich an die Commonwealth War Graves Commission (CWGC) und an deren deutsches Aquivalent mit der Bitte, die Inschrift auf dem Grabstein zu ergänzen. Bis jetzt haben sie noch keine Antwort erhalten.
Mike sagte: „Wenn Victor noch am Leben wäre, er würde wollen, dass die Grabsteine geändert werden.“ Ein Sprecher des CWGC meinte: „Es liegt im Ermessen unserer deutschen Schwesterorganisation, zu entscheiden, ob Änderungen vorgenommen werden sollen.“
In der Zeitschrift "Der Israelit" erschien am 26. August 1915 dieser Artikel.
Am 1. August 1918 erschien im Altmühl-Boten die Todesanzeige von Oskar Seller.
Auf Ludwigs Grabstein ist der Davidstern.
Nun hatte die Witwe Martha Seller nur noch die beiden Töchter Elsa und Emma. Elsa verdiente den Lebensunterhalt für sie mit Klavierunterricht. Ihr Nachbar, der Arztsohn Max Rothschild, schreibt in seinen Lebenserinnerungen über die angenehmen Klavierstunden, die er als Kind in dem Haus erlebt hat.
1932 starb auch die Tochter Emma, so dass jetzt nur noch die Mutter und Tochter Elsa lebten.
Max Rothschild berichtet, dass er seine Klavierlehrerin oft mit dem verheirateten Geschäftsmann Ludwig Faulstich habe spazieren gehen sehen. Die Affäre zwischen den beiden war stadtbekannt und spätestens seit den Nürnberger Gesetzen von 1935 wusste jeder, welche Konsequenzen diese Beziehung haben konnte. 1937 nahm Faulstich Elsa sogar mit zum Frankentag, den Julius Streicher jährlich an Pfingsten auf dem Hesselberg veranstaltete.
Nach ihrer Rückkehr wurde Elsa Seller noch am selben Tag festgenommen und wegen Rassenschande in das Amtsgerichtsgefängnis Gunzenhausen gebracht. Während ihrer Inhaftierung erhängte sie sich dort am 13.08.1937 in der Zelle.
Ihr Geliebter Ludwig Faulstich nahm sich am 16. Mai 1941 das Leben.
Thomas Medicus hat in dem Buch 'Heimat' ab Seite 196 ff. die Geschichte dieses Paares aufgeschrieben.
Auf dieser Seite steht ein bewegender Nachruf von Babett Gutmann auf die Witwe von Ludwig Faulstich: Gunzenhausen: Frieda Faulstich
Die Zeitzeugen Marianne Kleinschmidt, geb. 1922 und Karl Strauß haben auf diesen Fotos Martha Seller und deren Tochter Elsa erkannt.
Die Witwe meldet sich am 7. Oktober 1937 nach Würzburg ab. Dort wohnt sie im jüdischen Altersheim in der Dürerstraße 20. Vermutlich ist sie in Würzburg gestorben. Da sämtliche Unterlagen des Standesamtes Würzburg vor 1945 bei einem Bombenangriff vernichtet worden sind, ist kein sicherer Nachweis möglich. In den erhalten gebliebenen Deportationslisten der Gestapo ist sie nicht erwähnt.
Quelle: Mitteilung des Stadtarchivs Würzburg an das Stadtarchiv Gunzenhausen. Biographisches Handbuch Würzburger Juden, 1989