Familie Moses Marx

 

Moses Marx, geboren am 03.11.1859 in Maßbach, arbeitete als Hauptlehrer an der israelitischen Volksschule Gunzenhausen.
Er war verheiratet mit der am 03.05.1862 in Oberstreu geborenen Emilie Klein.

Nach einer Anstellung in Roth zog die Familie 1894 (Quelle: http://www.alemannia-judaica.de/) nach Gunzenhausen und wohnte am Hafnermarkt 18, in der israelitischen Volksschule von Gunzenhausen. Hier wurde 1898 das jüngste Kind geboren.

 

Die vier Kinder der Familie:

  • Bella, geboren am 23.11.1886 in Roth, war verheiratet mit einem Mann aus Heilbronn. Das Ehepaar wanderte nach Südafrika aus.
  • Frieda, geboren am 02.01.1888 in Roth, war eine staatlich geprüfte Handarbeitslehrerin. 1908 gründete sie in Gunzenhausen eine Handarbeitschule für Mädchen. Am 20.03.1911 heiratete sie Josef Wolfromm. Dieser wurde am 03.03.1838 in Cronheim geboren und war Bankprokurist der Bayerischen Vereinsbank in der Nürnberger Straße 5.
  • Irma, geboren am 09.07.1889 in Roth, heiratete am 22.11.1918 den Fürther Kaufmann Martin Bader. Er wurde am 16.12.1888 in Friedberg geboren. Sie lebten 1938/1939 in der Schreyerstraße 11 in Nürnberg.
  • Ludwig, geboren am 28.12.1898 in Gunzenhausen, war Kaufmann in Berlin und wanderte nach Südafrika aus. Er blieb kinderlos.

Quelle: Personendokumentation der jüdischen Einwohner von Gunzenhausen, zusammengestellt von Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar Gunzenhausen

Lehrerschaft
Die damalige Lehrerschaft von Gunzenhausen, ganz rechts Moses Marx © Stadtarchiv Gunzenhausen

Während seiner Zeit in Gunzenhausen gründete Lehrer Marx im Jahr 1895 den „Verein für jüdische Geschichte und Litteratur Gunzenhausen“, später Verein Harmonie genannt. Dort hielt er viel beachtete Vorträge.

Bei der Vorstandswahl am 2.12.1895 gingen als Vorstand der Ansbacher Rabbiner Dr. Kohn, Lehrer Moses Marx als Schriftführer und Max Neuburger als Kassier hervor.

Der Verein verfügte über eine eigene Bibliothek und trat mit einer Vielzahl von Vorträgen in Erscheinung.

Ab 1902 übernimmt die Position des Vorstands der jüdische Fabrikant Rudolph Seeberger. Im selben Jahr erfolgte die Vereinsumbenennung in ‚Harmonie‘.

1932 wird Karl Weinmann als Vorstand des Vereins Harmonie genannt. Ob nach dessen Emigration der Verein noch weiterbestanden hat, ist uns unbekannt.

Quelle: Stadtarchivar Werner Mühlhäußer

Freundlicherweise erhielten wir im Januar 2020 von Herrn Leibl Rosenberg, dem Beauftragten der Stadt Nürnberg für die Sammlung IKG, das Foto eines Stempels mit folgendem Hinweis:

…In unserer Sammlung von knapp 10.000 verfolgungsbedingt entzogenen (= geraubten) Schriften aus 508 Orten – vor allem in Europa – gab es lediglich zwei deutliche Bezüge zu Vorbesitzern aus Gunzenhausen. Eine der Schriften gehörte dem Leopold Kellermann (1866-1946), die wir an Uri Kellermann in Israel restituiert haben. Bei der anderen Schrift handelt es sich um:

Die religiöse und weltliche Poesie der Juden vom siebenten bis zum sechzehnten Jahrhundert / von Abraham Sulzbach. Trier: Mayer, 1893, V, 216 S. [Abdruck aus: ‚Jakob Winter & August Wünsche, Die jüdische Litteratur seit Abschluss des Kanons‘, III. Band, Berlin: Poppelauer 1897] - Provenienz: Verein für jüd. Geschichte u. Litteratur Gunzenhausen (Stempel); L 113 (Schriftzug) ; V/ 2351 (Schriftzug) ; 169 (Schriftzug) (Signatur: IKG 20.189]

…Die Restitution von geraubten Kulturgütern an erloschene Körperschaften - wie der Verein für jüdische Geschichte und Kultur Gunzenhausen - ist höchst problematisch, da die Rechtsnachfolge ungeklärt ist und wohl ungeklärt bleiben wird. Nichtsdestotrotz sind noch so kleine Fragmente einer vernichteten Welt von großer historischer und auch emotionaler Bedeutung. Gerade weil Sie in Gunzenhausen solch eine bedeutende Arbeit geleistet haben und auch weiter leisten, wollen wir (die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg und die Stadt Nürnberg) unseren bescheidenen Beitrag zu Ihrer Arbeit leisten und Ihnen diesen Eintrag in einem immer noch wirklich bedeutendes Buch zur Verfügung stellen. Es würde uns sehr freuen, wenn die Nutzer Ihrer Website diese Spur einer vernichteten Welt betrachten könnten…

Dies ist das Bild des Stempels, das uns Herr Rosenberg dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat.

 

 

 

Lehrer Moses Marx starb am 14.06.1930 in Ansbach, wurde aber in Gunzenhausen bestattet. Seine Frau Emilie war schon am 17.11.1919 in Erlangen verstorben, aber auch in Gunzenhausen auf dem jüdischen Friedhof bestattet worden. Dort stehen heute noch die beeindruckenden Grabsteine des Ehepaares.

 

 

 

 



Im Heft 39/1981 von "Alt-Gunzenhausen" hat Wilhelm Lux über Moses Marx geschrieben.

Hauptlehrer Moses Marx

Von den ehemaligen Lehrern der früheren israelitischen Volksschule Gunzenhausen durfte unter den älteren Gunzenhäusern noch heute der Hauptlehrer Moses Marx in bester Erinnerung stehen. Er stammte aus aus Maßbach, Landkreis Bad Kissingen und wurde dort am 3. November 1859 geboren. Über seinen Ausbildungsgang war leider nichts zu erfahren. So viel steht fest, dass er anfangs der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts als Nachfolger des verstorbenen Hauptlehrers David Frank nach Gunzenhausen kam und in das neu erbaute Schulhaus in der Mariusstraße einzog. Ihm ging der Ruf eines ausgezeichneten Pädagogen voraus, was auch den Tatsachen entsprach, wie vielen Beurteilungen zu entnehmen war. Neben dem Volksschulunterricht erteilte er auch Religionsunterricht an der Realschule Gunzenhausen und da er gleichzeitig als ausgezeichneter Hebräist galt, unterrichtete er ebenso in der  hebräischen Sprache am Gymnasium Carolinum in Ansbach. In Ansbach, wohin er nach seiner Ruhestandsversetzung im Jahr 1922 zog, um hier den Lebensabend zu verbringen, ist er am 14. Juni 1930 gestorben.  Die Leiche wurde nach Gunzenhausen überführt und hier auf den israelitischen Friedhof beigesetzt, wo sich der erst jüngst renovierte Grabstein noch heute befindet.

Hauptlehrer Marx war neben seinen Berufspflichten vor allem an Fragen der Geschichte des Jüdischen Volkes und seiner bedeutenden Persönlichkeiten interessiert. In dem von ihm ins Leben gerufenen „Verein für jüdische Geschichte und Literatur“ hielt er viel beachtete Vorträge über diese Gebiete. Dem Verein war allerdings kein allzu langes Dasein beschieden.

Sehr bewandert war Marx auch auf dem Gebiet der deutschen Literaturgeschichte. Insbesondere die deutschen Klassiker waren sein Spezialgebiet und er konnte aus ihnen, wie berichtet wurde, ausgezeichnet rezitieren. Kein Wunder, dass man ihm, der seit seinem Hiersein aktiver Sänger im Chorverein Liederkranz 1834 war, an der von diesem veranstalteten Gedenkfeier zum 100. Todestages des Dichters Friedrich von Schiller (1905) den Festvortrag übertrug.

Die Gattin Emilie starb bereits 1919 und wurde auf dem hiesigen Friedhof beigesetzt, wo ihr Grabstein immer noch steht. Seiner Ehe entsprossen ein Sohn Ludwig, der in jungen Jahren nach Südafrika auswanderte und in der Minenstadt Johannesburg in einem Minenbetrieb einen höheren Verwaltungsposten bekleidete, sowie drei Töchter. Ludwig Marx besuchte vor einigen Jahren seine Vaterstadt. Von seinen drei Schwestern verehelichte sich Frieda Marx mit dem Prokuristen an der Bayerischen-Vereinsbank-Filiale Gunzenhausen, Josef Wolfrum, der 1938 nach New York emigrierte und dort verstorben ist.

Moses Marx weilte gern auch in geselligem Kreis, vor allem am Stammtisch im Gasthaus Lehner. Dort feierte er 1922 mit den Berufskollegen sein Ausscheiden aus dem Schuldienst.

Nachfolger von Hauptlehrer Marx wurde Hauptlehrer Max Levite, der den Schuldienst bis 1938 versah und der letzte israelitische Lehrer in der alten Stadt gewesen ist.