Familie Amson Wertheimer

Am 12.05.1778 erhielt Abraham Wertheimer als erster der Familie den Schutzbrief der Stadt Gunzenhausen. Seine Eltern sind ebenso wie sein Geburtsdatum unbekannt. Er betrieb einen ‚Schmußhandel’. Verheiratet war er mit Esther, geb. 1747, auch von ihr sind die Eltern nicht bekannt.

Der einzig überlebende Sohn Salomon Abraham wurde im September 1785 geboren und heiratete im August 1840, also erst mit 55 Jahren die 40-jährige Esther Heß aus Leutershausen. Er handelte mit Betten und Federn. 

Das Ehepaar hatte wiederum nur einen Sohn Amson, geb. am 30.04.1841. Dieser Amson Wertheimer war zweimal verheiratet und hatte neun Kinder. Die Familie wohnte in der Burgstallstraße 2. Doch auch sonst scheint Amson ein bemerkenswerter Mann gewesen zu sein. Er ist von 1874 bis 1895 erster Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Gunzenhausen. Am 02.12.1884 wird er zum Magistratsrat gewählt und bleibt es bis 1890.

Er handelt u.a. mit Hopfen, Rauhwaren, Zigarren und Landprodukten, aber offensichtlich auch mit Häusern. Zwischen 1864 und 1881 erwirbt er fünf Häuser und verkauft sie kurze Zeit später wieder. 1866 wird ihm das Betreiben einer israelitischen Garküche gestattet. Um 1890 ist er als Besitzer einer Maschinenfabrik und Kunstmühle in der Nürnberger Straße 36 eingetragen. Nach seinem Tod im Jahr 1898 wird sie von zwei Söhnen weiterbetrieben. 

Aus der ersten Ehe mit Amalia Lehmann, geb. am 07.07.1835 in Gunzenhausen, stammen vier Kinder, die alle hier geboren werden.

  • Emma * 20.07.1863 
  • Elise * 20.03.1866
  • Albert * 13.04.1867
  • Siegfried * 12.12.1868

In der zweiten Ehe mit Carolina Steppacher, geb. am 17.11.1848 in Ichenhausen, werden weitere fünf Kinder in Gunzenhausen geboren:

  • Simon * 06.09.1872
  • Louis * 04.09.1873
  • Mina * 16.10.1874
  • Wilhelm * 04.03.1876
  • Frieda * 17.12.1879

Die beiden Töchter aus erster Ehe heiraten zwei Brüder aus Oberlangenstadt, beides Metzger und Viehhändler. Emma hatte Moritz Fleischmann zum Mann und Elise war mit Elias Fleischmann verheiratet. Sie wird am 09.06.1943 im KZ Theresienstadt ermordet.

Siegfried Wertheimer © unbekannt

Sohn Siegfried bleibt in Gunzenhausen und heiratet 1899 Clara Lang, geb. am 26.06.1874 in Treuchtlingen als Tochter des Lederhändlers Max Lang und dessen Frau Nanni, geb. Bretzfelder. Das Ehepaar wohnt zunächst mit in der Burgstallstraße 2. 
Drei Kinder werden ihnen dort geboren:

  • Alice * 14.12.1899  + 18.09.1900 in Gunzenhausen
  • Alfred * 21.11.1900
  • Helene * 28.01.1905  + 28.09.1905 in Treuchtlingen

Um 1902 ist Siegfried Mitglied im Gemeindebevollmächtigtenkollegium. Im Jahr 1906 gründet er zusammen mit Heinrich Scherer die Ton-Ofenfabrik Gmbh in der Nürnberger Straße 47. Im selben Jahr erwirbt er das Haus in der Bahnhofstraße 35 von Johann Huber. Hier befindet sich in dieser Zeit ein Baumaterialiengeschäft, doch Siegfried Wertheimer ist bis April 1917 Geschäftsführer der Ton-Ofenfabrik.

Im Jahr 1920 verkauft die Familie das Haus in der Bahnhofstraße an den jüdischen Arzt Dr. Karl Rothschild und zieht nach München. Siegfried Wertheimer verstirbt dort am 15.09.1933 und im selben Jahr auch seine Frau Clara. Ihr Sohn Alfred war im Jahr 1917 nach Nürnberg gezogen, ist aber um 1939 als Kaufmann und Tennislehrer in München gemeldet. Am 25.04.1939 emigriert er nach Schanghai.

Simon und Louis betreiben zusammen die Kunstmühle in der Nürnberger Straße 36, die unter dem Namen A. Wertheimer von 1899 bis 1919 in das Gewerberegister eingetragen ist. Das A. steht offensichtlich für den Vater Amson, obwohl dieser schon 1898 verstorben ist.

Simon heiratet 1903 Fanny Heilbronner, geb. am 09.04.1880 in Ichenhausen. Das Ehepaar wohnt in der Nürnberger Straße 36, dort werden die vier Kinder geboren:

  • Arthur * 02.01.1905
  • Karoline * 14.04.1907
  • Alice * 27.03.1908
  • Else * 16.08.1910

Im Jahr 1919 wird die Kunstmühle an Josef Braun verkauft und auch Simon verlässt mit seiner Familie Gunzenhausen und zieht nach München. Lt. Mitteilung des Stadtarchivs München emigrieren sie am 15.03.1939 nach New York.

Louis war bis 1906 Mitbesitzer der Kunstmühle, ab 1909 ist er in München als Provisionsvertreter gemeldet. Er verstirbt dort am 01.12.1940. Seine Frau Fanny Steppacher, geb. 1891, wird 1941 im Konzentrationslager Kaunas, Litauen, ermordet. 

Tochter Mina heiratet den Kaufmann Moritz Rogger aus Nördlingen und verstirbt dort 1938. Tochter Frieda heiratet den Viehhändler Sally Dannenbaum aus Neustadt a.d. Saale. Ihr weiteres Schicksal ist uns nicht bekannt.

Quelle: Personendokumentation der jüdischen Einwohner von Gunzenhausen, zusammengestellt von Stadtarchivar Werner Mühlhäußer.