Familie Jacob Nathan Rosenfelder

Kirchenplatz 2
Kirchenplatz 2

Nathan Rosenfelder wurde als eines von sieben Kindern des Ehepaares Jakob und Fanni Rosenfelder am 21.06.1868 in Dittenheim geboren. Jakob war Kaufmann und Konditor; er zog mit seiner Familie nach Gunzenhausen und erwarb 1873 das Haus am Kirchenplatz 2 um 2.650 fl. 1878 erhielt er das Bürgerrecht.

Wir wissen nicht, welches Geschäft er am Kirchenplatz betrieben hat, doch 1893 vererbt er das Anwesen an seinen Sohn Nathan.

Es ist wahrscheinlich das Jahr der Eheschließung von Nathan mit Babetta Braun, * 25.03.1869 in Niederstetten.
In dem Haus werden die acht Kinder der Familie geboren:

  • Fanny Rosenfelder * 28.03.1894 in Gunzenhausen, + 25.06.1937 in Frankfurt/Main
  • Bella Rosenfelder * 09.07.1895 in Gunzenhausen, ∞11.04.1935 in Frankfurt/Main + Ghetto Minsk, Belarus
  • Albert Rosenfelder * 20.10.1896 in Gunzenhausen, + 12.01.1975 in Nürnberg
  • Josef Rosenfelder * 21.04.1898 in Gunzenhausen, Reisender; Eheschließung am 29.05.1923 in Nürnberg + KZ Auschwitz
  • Hermann Rosenfelder * 11.12.1899 in Gunzenhausen, + 25.11.1923 in Gunzenhausen
  • Martha Rosenfelder * 30.03.1901 in Gunzenhausen, 1929 nach Berlin verzogen
  • Jakob Rosenfelder * 10.01.1904 in Gunzenhausen, + 25.03.1934 in Gunzenhausen, Feinbäcker
  • Samuel Rosenfelder * 13.08 1907 in Gunzenhausen, + Verschollen im KZ Auschwitz, am 13.04.1932 aus Gunzenhausen verzogen

Im Jahr 1906 verkaufte die Familie das Haus am Kirchenplatz an den Schneider Friedrich Schaffner um 9.000 Reichsmark und erwarb das Anwesen in der Bahnhofstraße 12. Dort betrieb sie eine Kolonialwaren-Handlung.

Bella Rosenfelder © Werner Rosenfelder
Bella Rosenfelder © Werner Rosenfelder

Der Text lautet:
Gunzenhausen, d. 4. Debr.1910
Liebe Martha,
Bella ist heute mittag sehr vergnügt nach Hause gekommen u. kann nicht genug erzählen,
wie aufmerksam Du l. Marta u. Deine l. Angehörigen ihr wart. Empfange unseren herzl. Dank, wir werden uns sobald Du hierherkommst revanschieren.
Wie gefällt Dir die Ansicht unseres Hauses, das kleine Schlingele bei seinem Papa, aber meist ein herziger Junge der Kleine. Also schreibe wann Du l. Marta kommen willst.
Gruß Kuß - auch für Deine l. Eltern und Schwestern Grüße
Deine Dich l. Schwägerin Babetta
Gruß und Dank Bella

Im Jahr 1923 verstarb der Sohn Hermann.

Die beiden Eltern Nathan und Babetta sind ebenfalls schon vor der Zeit des Dritten Reiches in Gunzenhausen verstorben, Nathan im Jahr 1923 und Babetta 1929. Offensichtlich wohnten nur noch die Geschwister Fanny und Jakob in dem Haus in der Bahnhofstraße 12.

Als Ende der Zwanziger Jahre die jüdischen Einwohner Gunzenhausens schon die antisemitische Stimmung zu spüren bekamen, hat sich wohl Sohn Jakob nicht einfach gefügt, sondern offensichtlich einmal gegen die SA-Anhänger gewehrt. Dies musste er am 25. März 1934, dem Tag des ersten Judenpogroms in Gunzenhausen, schwer büßen.

In der Geschichte des Hauses Nürnberger Straße 4 ist der bisher bekannte Sachverhalt über den Verlauf dieses Tages geschildert.

Der 30-jährige Feinbäcker Jakob Rosenfelder befand sich demzufolge am Palmsonntag des Jahres 1934 in der Gaststätte des jüdischen Gemeindemitglieds Simon Strauß. Dort drangen SA-Männer mit ihrem Anführer Kurt Bär in die Wirtsstube ein, um einen nichtjüdischen Einwohner herauszuholen, der sich dort als Gast aufhielt. Nachdem sie den Sohn des Wirtes, Julius Strauß, niedergeschlagen hatten, stießen sie auf Jakob, der ihnen als Gegner der Nationalsozialisten bekannt war.

Den Spruchkammerakten aus dem Staatsarchiv Nürnberg konnten wir weitere Einzelheiten aus der Vernehmung des Zeugen Erich Klein entnehmen:

„ ... Hierauf begab ich mich in die Wirtschaft Strauß, kam aber nicht ins Lokal. Zu dieser Zeit war bereits eine ziemliche Menschenmenge vor der Wirtschaft. Ich sah den jungen Strauß außen ... auf dem Pflaster regungslos liegen. Hierauf erschien Kurt Bär unter der Haustüre ... und hielt eine kleine Ansprache ... ich kann mich nur noch an Bruchteile davon erinnern: ‚Die Juden haben Christus ans Kreuz geschlagen, diese haben den Krieg verursacht und haben zwei Millionen Deutsche auf dem Gewissen, die Juden wollten auch das deutsche Volk ans Kreuz nageln.’ Er sprach auch davon, dass er von dem Juden Julius Strauß angespuckt wurde, und dass sich ein SA-Mann das nicht gefallen lassen kann, weil sie die Garanten des Staates sind.

Weiter hat Kurt Bär am Schluss seiner Rede erklärt, dass sich sämtliche Zivilisten sofort zu entfernen haben und gab den Befehl, die SA solle bei ihm antreten. ...

Wir sind in drei Gliedern angetreten. Es dürften etwa 20 - 25 SA- und Leute vom Arbeiterdienst gewesen sein, die dort angetreten sind. Die Leute der SA waren nur teilweise in Uniform, ich selbst war in Zivilkleidung. Die Namen der SA-Leute kann ich nicht angeben, weil es an der fraglichen Stelle sehr dunkel war und ich im letzten Glied gestanden bin. Zu dieser Zeit kam dann Jakob Rosenfelder plötzlich vor Kurt Bär am Wirtschaftseingang zu stehen. Ich hörte noch, wie Kurt Bär an ihn die Frage richtete ob er ein Feigling sei. Rosenfelder erwiderte mit weinerlicher Stimme und erhielt dann von Kurt Bär einige Ohrfeigen. Auch wurde auf Rosenfelder noch von anderen Personen mit der Hand eingeschlagen, wer dies aber war, weiß ich nicht. Nach dieser Misshandlung erhielt der SA-Mann Ramspeck von Kurt Bär den Auftrag unter Einsatz seines Lebens den Rosenfelder nach Haus zu bringen, was auch geschehen ist.

Inzwischen wurde der Julius Strauss von einigen Personen ins Gefängnis getragen. Gleichzeitig wurden auch die Eltern des Strauss von Kurt Bär in Schutzhaft genommen, weil er befürchtete, die Volksmenge würde Gewalttätigkeiten gegen die Familie Strauss begehen. Auch ich ging mit ins Gefängnis. Erwähnen muss ich noch, dass zu dieser Zeit die Gendarmerie von den Vorgängen in der Wirtschaft von Kurt Bär verständigt wurde.

Zu den Vorgängen in der Wirtschaft Strauss kann ich keine Angaben machen, weil ich selbst in das Lokal nicht gekommen bin. Das Gefängnis habe ich erst in Begleitung der Gendarmerie, die inzwischen erschienen ist, betreten. Ich machte der Gendarmerie Vorwürfe, dass sie so spät erschienen ist. Zu dieser Zeit lag Julius Strauss im Hausflur des Gefängnisses bewusstlos am Boden. Auf meine Anregung hin hat Kurt Bär veranlasst, dass Sturmbannarzt Dr. Thiele gerufen werden soll, um den Julius Strauss zu untersuchen. Der Bäcker Hans Herrmann hat diesen Befehl ausgeführt, konnte aber Dr. Thiele nicht treffen. Kurt Bär sagte dann, wir hätten unsere Menschenpflicht getan, wenn kein Arzt da sei, können wir nicht helfen und veranlasste die Verbringung des Julius Strauss in die Zelle.

Nach diesem Vorfall ging ich mit Kurt Bär und noch einigen Personen, die ich nicht mehr weiß, in die Wirtschaft „Krone“ zurück, weil die von Kurt Bär eingeleitete Aktion für uns erledigt gewesen wäre. Kurt Bär hat auch nicht davon gesprochen , dass noch weitere Juden in Schutzhaft genommen werden sollen. Nach kurzer Zeit kam der SA-Mann Heinrich Kränzlein in das Lokal „Zur Krone“ und teilte uns mit, dass sich Jakob Rosenfelder erhängt hätte. Auf diese Mitteilung hin ist Kurt Bär mit Kränzlein und Rieger, sowie Lindner zu Rosenfelder gegangen, weil er die Mitteilung anzweifelte. Nach kurzer Zeit kamen diese wieder zurück und haben die Mitteilung bestätigt."

Fanny und Samuel Rosenfelder
Fanny und Samuel Rosenfelder © Werner Rosenfelder

Jakobs älteste Schwester, Fanny Rosenfelder, schilderte den weiteren Verlauf des Abends bei der Vernehmung:

„Gegen 19:30 Uhr fraglichen Tages kam mein Bruder von der Wirtschaft Strauss nach Hause und erzählte mir sehr aufgeregt, dass es dort so zugehe, dass mehrere Leute dort eingedrungen seien, dass geschossen wurde und dass er durch die hintere Haustüre sei, wo ihn die Marie Strauss hinaus ließ. Er sei dann zur Gendarmerie Station und kurz vor dieser von Kurt Bär gefasst und übel zugerichtet worden. Er erzählte mir, dass Kurt Bär ihn gefragt habe, ob er ihn heute wieder helfen hinauswerfen würde, worauf mein Bruder sagte, dass er dies bei so einer Übermacht nicht tun könne. Kurt Bär hat dann ohne weiteres auf

meinen Bruder eingeschlagen und ihn fürchterlich misshandelt. Kurt Bär hat dann dem Ramspeck und dem Kaiser Weisung gegeben, meinen Bruder heimzubringen, was diese zwei dann auch taten.

Mein Bruder blutete aus dem Mund und er behauptete, dass dies eine innere Blutung sei. Außerdem hatte er an einem Auge eine Geschwulst, welche blutunterlaufen war und Gesicht und Hände waren sehr verkratzt.  Er wollte gleich wieder fort und sich verstecken. Wir haben ihn aber zurückgehalten und sagten zu ihm, dass wir bei Hellmann bleiben, er solle auch dableiben, damit wir nicht alleine sind. Mein Bruder war sehr elend, zog sich bis auf die Hose aus und legte sich bei Hellmann auf das Sofa. Ich fragte ihn nach Verschiedenem und er sagte, ich solle ihn in Ruhe lassen, er sei so schwach und könne nicht reden.

Fräulein Hellmann sah nun zum Fenster hinaus und es ist ihr der Haken ausgekommen und sie ersuchte meinen Bruder, er möchte den Laden hereinnehmen. Mein Bruder hat ihn auch hereingenommen. Dabei hat er die anstürmenden Leute gesehen, und ist ohne weiteres zum Fenster hinaus gesprungen. Ich wollte ihn noch zurückhalten, habe ihn aber nicht mehr erwischt. Ich habe ihm auch noch ein Stück nachgesehen. Währendessen stürmten die Leute schon die hintere Haustüre herein, welche gewaltsam geöffnet wurde. Ich habe dann hinterher gesehen und die Leute wahrgenommen, die eindrangen. ... Es wurde dann von einem Mann gesagt, dass, wenn sie meinen Bruder nicht finden, schlagen sie uns alle tot.“

Wachtmeister Busch von der Gendarmerie-Station Gunzenhausen meldete dem Gaugericht schriftlich was sich weiter ereignet hatte:

"Um 9 Uhr wurden wir von dem Handelsmann Abraham Gutmann von Gunzenhausen, Bahnhofstraße 14 angerufen, in seinem Hof werde umhergeleuchtet, es müssen dort Leute sein und er getraue sich nicht umzuschauen.

Wir begaben uns sofort ... in die Bahnhofstraße. Auf dem Weg dorthin begegnete uns in der Nürnberger Straße vor der Vereinsbank eine Menschenmenge, die in aller Eile zwischen die Anwesen ‚Vereinsbank’ und ‚Silo’ durchkommen wollte und rief: „Der ist davongelaufen, der ist da rüber“. Auf unsere Frage, wer es sei, wurde uns erklärt, der Jakob Rosenfelder. Wir forderten die Menge auf zurückzubleiben. Der Aufforderung wurde Folge geleistet. Da der Gang zwischen den genannten Anwesen durch eine hohe Mauer versperrt ist, sind wir in die Bahnhofstraße. Dort befand sich vor dem Anwesen des Rosenfelder eine große Menschenmenge, die versuchte, in das Gebäude einzudringen. Wir gingen bis zum übernächsten Anwesen Kaußler, wo sich SA-Leute befanden. Diese sperrten den Eingang zum Anwesen Kaußler ab und erklärten uns, im Anwesen des Kaußler habe sich jemand aufgehängt. Wir gingen in den Hof und dort wurde uns in einem Bretterschuppen, etwa 50 m von der Straße entfernt, der Erhängte gezeigt.

Der Erhängte wurde von uns als der led. Kaufmann Jakob Rosenfelder von Gunzenhausen erkannt. Er lag auf dem Rücken und hatte einen sog. Kälberstrick um den Hals. Der Strick war schon abgeschnitten. ...

... Der prakt. Arzt Dr. Medicus wurde hinzugezogen. Nach dessen Meinung ist der Tod durch Erhängen eingetreten, er könne aber nicht sagen, ob Selbstmord oder ein strafbares Verschulden einer anderen Person vorliege."

Im endgültigen Urteil nach Auswertung aller Zeugenaussagen wird von Selbstmord ausgegangen. Doch bis heute herrschen leichte Zweifel an dieser Version.

Die Schwester Fanny verkaufte ein halbes Jahr später das Haus mit dem Geschäft an die Kolonialwarenfirma Thum aus Nördlingen. Dann verließ sie Gunzenhausen und zog nach Frankfurt am Main, vermutlich zu ihrer Schwester Bella. Dort verstarb sie jedoch schon drei Jahre später, leider wissen wir nicht, wodurch sie ums Leben gekommen ist.

Aus den Briefen, die von Gertrud und Julie Lehmann (Burgstallstraße 7) an Fred Dottenheimer in St.Louis geschrieben wurden, konnten wir entnehmen, dass eine Tochter der Familie Rosenfelder zusammen mit ihrem Mann nach Süd-Rhodesien ausgewandert ist. Es kann sich dabei nur um Bella oder Martha handeln.

Der jüngste Sohn Samuel ist im KZ Auschwitz verschollen.

Interessant für uns ist, dass Sohn Albert Rosenfelder im Jahr 1975 in Nürnberg verstorben ist. Demnach ist er wieder nach Deutschland zurückgekehrt und hat in Nürnberg gelebt.

Dazu erteilte uns das Stadtarchiv Nürnberg im August 2003 per E-Mail folgende Auskunft:

"Laut seiner Einwohnermeldekarte (Signatur C 21/III Nr. 1835) verließ Albert Rosenfelder am 24.10.1938 Nürnberg, wo er mit Unterbrechungen seit 1914 gewohnt hatte, und ging von hier nach New York. Er kehrte am 17.01.1947 nach Nürnberg zurück. Hier war er Eigentümer des Möbelhauses Albert Rosenfelder (Breite Gasse 86 und Färberstraße 14 - 20). In der Breiten Gasse bestand an dieser Stelle bereits vor 1933 die in jüdischem Besitz befindliche Möbelhandlung J. Ittmann. Vermutlich kehrte Herr Rosenfelder also nach Nürnberg zurück, um hier das Unternehmen der Familie weiterzuführen. Ein weiterer Grund dürfte gewesen sein, dass sich seine Frau und seine drei Söhne durchgehend in Nürnberg befanden, da sie Nichtjuden waren.

Aus Gründen des Datenschutzes können wir Ihnen keine weiteren Auskünfte über den heutigen Aufenthaltsort der Söhne von Albert Rosenfelder geben. Wir bitten hierfür um Ihr Verständnis."

Zu einem der Söhne von Albert Rosenfelder haben wir inzwischen Kontakt aufgenommen. Es ist Herr Werner Rosenfelder, der heute noch in Nürnberg lebt und über seine Familie berichtet:

Sein Vater Albert Rosenfelder war in Nürnberg verheiratet und hatte dort ein Möbelgeschäft.
Seine drei Söhne sind:

  • Norbert * 1932
  • Werner * 1934
  • Josef * 1938

Von  Oktober 1938 bis zum Januar 1947 war Albert in New York, da es für ihn in Nürnberg zu gefährlich geworden war. Seine Frau und die drei Söhne blieben allerdings in Nürnberg, denn sie waren nicht jüdisch, sondern katholisch. Allerdings wurde auch für sie die Situation gegen Ende des Krieges immer bedrohlicher, so dass sie sehr froh waren, als die Schreckensherrschaft der Nazis zu Ende ging.

Nach dem Krieg eröffnete Albert Rosenfelder das Möbelgeschäft in Nürnberg neu. Bis 1989 war es in der Breiten Gasse.
Um 1953 hatten sie sogar eine Filiale in Gunzenhausen in der Bahnhofstraße gegenüber seines Elternhauses, im ehemaligen Hotel Gundel.

Die Schwester seines Vaters, Martha, ist nach Rhodesien ausgewandert und später nach Johannisburg in Südafrika gezogen. Dort ist sie ca. 1995 gestorben.

Das beeindruckende Bild des Geschäfts in der Bahnhofstraße sandte uns Herr Rosenfelder ebenfalls zu.

Im Oktober 2003 besuchten uns die beiden Brüder Norbert und Werner Rosenfelder in Gunzenhausen. Von ihnen erfuhren wir interessante Einzelheiten aus dem Leben ihres Vaters.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg zog er nach Wertheim am Main, um in einem jüdischen Kaufhaus eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren. Danach ging er nach Nürnberg in das Möbelgeschäft seiner Verwandten, den Gebrüdern Braun, um dort zu arbeiten. Es waren die Brüder seiner Mutter aus Niederstetten.

Nachdem er sich im Ersten Weltkrieg freiwillig als Soldat gemeldet und gekämpft hatte, wurde er am Kriegsende mit einer Auszeichnung entlassen.
Er ging wieder nach Nürnberg und eröffnete nach einigen Jahren zusammen mit einem Herrn Uhlmann ein eigenes Möbelgeschäft.

Dort heiratete er auch ein katholisches Mädchen, was seine Familie in Gunzenhausen nicht unbedingt befürwortete.

Das Ehepaar bekam drei Söhne und das Geschäft ging gut. Doch mit Beginn des Naziregimes wurde es für Albert Rosenfelder zunehmend schwieriger in Nürnberg. Trotzdem entschloss er sich erst nach der "Reichskristallnacht" und einer zweitägigen Inhaftierung Deutschland doch zu verlassen. Eine Tante aus der Braun-Verwandtschaft hatte die Bürgschaft für ihn übernommen, so dass er Ende 1938 nach New York ausreiste.

Dort lebte er fast neun Jahre, während seine Frau in Nürnberg versuchte,  mit den drei Buben zu überleben. Da das Vermögen der Familie eingezogen worden war, musste sie sich mit Gelegenheitsarbeiten und kleineren Geschäften Geld verdienen.

Zudem konnten die Söhne wegen ihrer jüdischen Abstammung in dieser Zeit keine weiterführende Schule besuchen. Ab 1944 drohte auch Halbjuden die Deportation in Konzentrationslager. Besonders die katholische Kirche hat der Familie in dieser Zeit Schutz und Unterstützung gewährt.  Der katholische Pfarrer setzte die halbjüdischen Kinder sogar als Ministranten in seinen Gottesdiensten ein.

Am 2. Januar 1945 wurde die Familie ausgebombt und musste sich eine Notunterkunft suchen.

Nach Kriegsende waren sie zwar froh, überlebt zu haben, doch war es immer noch sehr schwierig, den Lebensunterhalt zu beschaffen. Bald  erhielten sie aber Care-Pakete vom Vater aus Amerika.

Erst im Januar 1947 kehrte er zurück. Seine Ankunft erwartete die Mutter in Bremen, wohin sie extra gereist war, um ihren Mann abzuholen. Doch dort konnte sie ihn nur kurz begrüßen, dann wurde er in ein Entnazifizierungslager gebracht. Diese Entscheidung der deutschen Behörden ist wirklich unglaublich. Ein Verfolgter des Naziregimes kehrt nach dem Krieg zurück und obwohl er Jude ist, wird er erst inhaftiert.

Doch schon kurz danach kann er zu seiner Familie nach Nürnberg zurück kehren. Dort nutzte er die Zeit des Wiederaufbaus um sein Geschäft wieder zu eröffnen und zunehmend zu vergrößern.

Erstaunlich ist die Tatsache, dass er sogar in Gunzenhausen eine Filiale eröffnete. Vier Jahre lang verkaufte die Familie dort Möbel an Kundschaft aus allen Dörfern im Umland.
In ganz Bayern hatte die Firma Rosenfelder Handelsvertretungen, über 50 Angestellte arbeiteten für den Betrieb.

Am 10. Januar 1975 stirbt Albert Rosenfelder und wird auf dem jüdischen Friedhof in Nürnberg beerdigt. Seine zwei älteren Söhne führen das Geschäft weiter. Der Jüngste konnte noch studieren und arbeitete als Chemiker.

Im Jahr 1988 verkauften sie das Möbelgeschäft und genießen seither den Ruhestand.

Zur weiteren Geschichte des Hauses in der Bahnhofstraße 12 fanden wir im Staatsarchiv folgende Hinweise:

Das Haus wurde im Krieg zu 80 % durch Bomben zerstört.
Die Erben waren Albert Rosenfelder, Nürnberg, Zufuhrstraße und Martha Cohen (geb. Rosenfelder) aus Penhalonga, Süd-Rhodesien.

Die Erben erhoben Nachforderungsansprüche und 1950 mussten 1000 DM nachbezahlt werden.
Es ist dies die geringste Summe, die wir bisher bei unseren Recherchen als Wiedergutmachung herausgefunden haben.

Norbert und Werner Rosenfelder, die Söhne von Albert Rosenfelder besuchten uns im Jahr 2003. Sie lebten in Nürnberg.

Besuch von Richard Oppenheimer

Richard Oppenheimer aus Florida kam am 7. November 2011 zu uns in die Schule.

Er ist ein Nachfahre der Familie Rosenfelder aus der Bahnhofstraße 12. Nachdem er die Geschichte seiner Vorfahren auf unserer Homepage gefunden hatte, führte ihn seine Spurensuche nach Gunzenhausen und direkt zu uns ins Klassenzimmer. Dort berichtete er uns über seine Familie und ganz besonders über das Schicksal seiner Mutter, die als junges Mädchen eine furchtbare Zeit in Konzentrationslagern hatte erleiden müssen. Ihr Tagebuch über dieses Grauen, das er heute noch besitzt, durften wir lesen.

Dies ist ein Auszug aus dem Tagebuch von Erika Mannheimer.

Unter folgendem Link ist die Geschichte ihrer Familie sowie der ganze Tagebuchtext zu finden: http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20421/Bad%20Wildungen%20TB%20Erika%20Mannheimer.pdf

Wir können uns heute kaum vorstellen, wie ein Mensch das überleben kann. Doch wie durch ein Wunder entkam sie dem Tod im Vernichtungslager Riga und gelangte nach Kriegsende in die USA. Dort lernte sie ihren Mann kennen und wurde die Mutter von Richard, eben dem Richard Oppenheimer, der jetzt vor uns saß und uns ihre Geschichte erzählte.

Er berichtete auch von seinem Leben in Florida, wo er seinen Ruhestand verbringt sowie von der Situation der Juden im heutigen Amerika. Obwohl es manche von ihnen bis in hohe Regierungsämter schaffen, kämen in manchen Staaten durchaus antisemitische Attacken vor. Und das kennen wir ja leider auch von unserem Land.

Es war Richard Oppenheimers erster Besuch in Gunzenhausen und natürlich besuchte er das Haus seiner Vorfahren in der Bahnhofstraße und den jüdischen Friedhof, wo noch einige Grabsteine der Familie Rosenfelder stehen.